So entwickelst Du Deine Angst zur echten Chance (2)

Dies ist Teil 2 des Beitrags „So entwickelst Du Deine Angst zur echten Chance (1)“.

 

„O.k., aber wie kann ich die Angst gar als Chance nutzen?“

Deine Angst ist ein Signal Deiner inneren Ampel.

Angst
Diese Ampelfunktion gibt Dir das Signal, etwas zu ändern.

Was machst Du, wenn Du Deine Hand zu nah an die Herdplatte hältst? Du empfindest Schmerz und ziehst so schnell wie möglich zurück.

Das gleiche gilt für Unsicherheit und Angst. Nur ist es hier nicht mit Flucht getan.

Was ist die Ursache für die Unsicherheit oder Angst? Hat sie vielleicht auch Vorteile und Du brauchst sie gar nicht zu ändern?

Ich weiß, das klingt jetzt sehr schräg. Aber schau mal das Beispiel hier:

Nimm einfach mal meine Präsentation letzte Woche.

Wie immer war ich vorher angespannt, hatte Angst, Fehler zu machen. War dadurch sehr auf den Auftrag fokussiert und habe vorher viel intensiver recherchiert, als ich das sonst getan hätte. Kurzum – ich habe mich richtig reingehängt.

Dann kam die Präsentation. Lampenfieber. Tief durchatmen, lächeln…Heuwägelchen, Heuwägelchen, Heuwägelchen. Und los ging es.

Die Aufregung half mir auch hier, mich zu konzentrieren und mich bestens vorzubereiten. Alles lag an seinem Platz, alles war mehrfach geprüft. Und alles lief bestens.

Klar bin ich hinterher immer platt wie eine Flunder, aber es tut gut, sein Bestes gegeben zu haben. Und dazu verhilft häufig eine kleine Portion „Angst“.

Ängste sind also nicht nur hemmend, sondern können Dich auch unterstützen. Wie hat meine Kollegin Maria gesagt: „“Angst ist doch gut. Da bleibe ich aufmerksam und mache keine Fehler!“

Stimmt. Aber es kommt natürlich auf die Ursache und die Intensität an.

Wenn Du vor lauter Angst keinen Hunger mehr hast oder nachts schweißgebadet aufwachst, ist sicher einmal professionelle Hilfe angesagt.

 

„Aber wie kann ich nun meine Ängste vermeiden?“

Frage Dich zuerst:

  • Wovor habe ich konkret Angst in meinem Arbeitsleben?
  • Gibt es eine Angst hinter der Angst? Habe ich z.B. Angst vor dem Chef, weil ich eigentlich Angst vor Kündigung habe?
  • Wie lange habe ich dieses Gefühl schon?
  • Wann und bei welcher Gelegenheit fing es an?
  • Gibt es vielleicht Personen, die durch ihre negative Sichtweise meine Angst „unterstützen“?
  • Entstehen meine Gefühle wirklich durch Anstoß von außen oder mache ich mir den Druck selbst?

 

Schauen wir uns Wege an, wie Du Deine Angst zur echten Chance machst:

 

1. Bereite Dich gut auf die Situation vor

Sammeln

Du bist nervös. Und hast eine Denkblockade. Und mit dem schreiben klappt es vor lauter Angst auch nicht so recht.

Konzentriere Dich voll auf die Situation. Was ist konkret die Aufgabe? Wie weit geht Dein Bereich? Wer ist die Zielgruppe? Bis wann hast Du Zeit?

Sammle dazu alle Daten, Zahlen, Fakten, die Du auftreiben kannst. Dabei ist es egal, ob es um ein anstehendes Personalgespräch oder eine Präsentation oder ein Kundengespräch geht.

Durch die gute und intensive Vorbereitung verinnerlichst Du die Inhalte und auch viele Informationen, die Du bei der Recherche erfahren hast. Dadurch wirst Du sicherer und lockerer.

Geh dabei so vor, wie Du am besten lernen kannst. Je nach Lerntyp lernst Du am besten beim schreiben oder beim lesen oder beim hören. Manche kombinieren auch verschiedene Möglichkeiten, also z.B. erst alles aufschreiben und sich dann selbst vorlesen. Das bleibt am besten haften.

 

Trainieren

Jetzt bist Du schon sehr weit in Deiner Vorbereitung. Dein Konzept steht (weitgehend). Du fühlst Dich schon sicherer.

Jetzt ist es wichtig, dass Du übst, wie sich das Ganze in live anfühlt.

  • Wie es ist, wenn Du Deinem Chef gegenüber Deine Stärken im Personalgespräch formulierst.
  • Wie fühlt es sich an, wenn Du zu Deiner Präsentation den Laptop oder Beamer vorbereitest und während des Vortrags stehst?
  • Oder wie Du eine Kundin überzeugst, die eine Rechnung als überhöht empfindet.

Stell Dich einfach vor den Spiegel und lache Dich ein bisschen selbst an und auch mal aus. Und versetze Dich in die Situation. Sieht ja niemand.

Und lies am besten meine Blogeinträge „Klartext – wie Du im Personalgespräch überzeugst“, Teil 1 und Teil 2. Diese Tipps passen auf viele Situationen, auch außerhalb eines Personalgesprächs.

 

Unterlagen und Outfit vorbereiten

Früher habe ich abends immer meinen Schulranzen (heute nennt man das eher Schultasche) gepackt. Das tat gut. Und ich war immer bestens vorbereitet.

Jetzt bist Du dran: Du bist soweit sicher. Bist alles mehrfach durchgegangen. Und kannst den Termin kaum erwarten.

Jetzt kommt noch das Drumherum: Kopien anfertigen, Stift und Papier vorbereiten. Für Präsentationen und Tagungen evtl. Moderationskoffer, Beamer, etc. bereitstellen.

Beleuchtung und Bestuhlung kontrollieren (es gibt kaum etwas Nervigeres, als wenn statt der Präsentation plötzlich dem Stühle rücken gelauscht wird.)

Am besten überlegst Du Dir auch heute schon mal Dein Outfit. Ganz in Ruhe.

Lies dazu einige Tipps unter „Schön erfolgreich oder nur schön?„.

 

2. Lass Deine Glaubenssätze Glaubenssätze sein

Jeder hat so seine Glaubenssätze.

Was das ist? Naja, zum Beispiel:

“ Das können Männer besser“ oder „Ich bin dazu zu dumm“ oder „Hättest Du studiert, wüsstest Du das“, „Typisch für mich Tollpatsch“ oder „Ich muss perfekt sein“.

Glaubenssätze sind Sätze, die uns häufig schon unsere Eltern mitgegeben haben oder, die wir schon lange ganz selbstverständlich nutzen. Meist sind es aber Aussagen, die uns Druck machen, unser Können schmälern oder uns ein bisschen lächerlich machen.

Sie ziehen Dich runter und setzen Dich unter Druck.

Häufig sind es nicht mal unsere eigenen Glaubenssätze, sondern die der anderen. Daher achte darauf, dass die Menschen, mit denen Du Dich umgibst, eine positive Einstellung Dir gegenüber haben. Kaum etwas zieht so runter wie negative Freunde oder Bekannte, von denen man sich positive Impulse gewünscht hätte.

 

3.  Worst case – Was könnte Dir im schlimmsten Fall passieren?

Lass uns ein paar typische angstbehaftete Situationen durchgehen:

 

Personalgespräch, Seminar…

Dein Gesprächspartner ist krank oder sonst wie verhindert: Dann hast Du wunderbar viel Zeit, um weiter zu üben. Und gewöhnst Dich ein bisschen besser an die Aufregung.

Dein Gesprächspartner hat schlechte Laune: Lass Dich nicht anstecken. Du hast Dich ja bestens vorbereitet.

Du hast eine Alkohol-/Knoblauchfahne: Volltreffer versenkt…Da helfen Mundwasser und Kaugummi nur begrenzt. Knobi kommt aus jeder Pore.

Deine Schuhsohlen haben ein Loch: Wenn Du es selbst merkst, lasse die Füße am Boden (also nicht die Beine übereinander schlagen). Wenn es andere merken, reagiere mit Humor („bei dem bisschen Gehalt…“).

 

Präsentation, Vertriebstagung…

Wenig Publikum: Schade, aber auch ein Einzelner hat das Recht auf eine bestmögliche Präsentation.

Unruhiges Publikum: Immer schwierig. Ignoriere es. Falls einige Zuschauer zu laut werden, sich unterhalten, reinrufen, sei einfach mal kurz still und warte. Irgendwann schauen alle anderen auf die Geschwätzigen und warten auch. Das wirkt.

Beamer/Laptop funktionieren nicht: Kurz probieren, was zu retten ist. Nicht zu lange. Ggfls. Pause machen. Falls es nicht schnell zu reparieren geht, einfach ohne Visualisierung arbeiten. Also den Vortrag halten ohne technische Unterstützung. Das wird oft sogar lockerer und unterhaltsamer.

Schweißflecken, Flecken vom Essen auf Hemd, Jacke, Hose: Ganz schlecht. Unbedingt mit der Kleidung vorbauen. Also Jacke über Bluse/Hemd ziehen. Ersatzbluse/-hemd mitnehmen. Keine Stoffe nutzen, die Feuchtigkeit zeigen (z.B. keine Seide oder reine Baumwolle!). Wenn es jetzt passiert ist, evtl. ein Tuch über die Schultern und die Achseln legen oder den Fleck drapieren. Zur Not eine Tischdecke ausleihen…

Feueralarm: Damit ist der schönste Spannungsbogen dahin. Es kann aber hinterher auch lockerer sein. Also lass Dich nicht aus dem Tritt bringen. Und fange mit einer kurzen Zusammenfassung des bereits Gesagten wieder an.

 

Kundengespräch…

Kunde wird laut und impulsiv: Bleibe ruhig, nimm den Kunden ernst, lass ihn ausreden und zeige Verständnis. Nicht genervt reagieren, nicht lachen. Versuche, in Ruhe mit dem Kunden zu einer Vereinbarung zu kommen, wie Ihr nun vorgeht.

Kunde stellt Fragen, die Du nicht beantworten kannst: Sei ehrlich. Gib zu, dass Du in diesem Thema nicht fit genug bist, Dich aber sehr gerne erkundigst. Rufe den Kunden dann unaufgefordert wieder an.

Kunde verlangt den Chef zu sprechen: Versuche ihn zu überzeugen, dass Du ihm auch helfen kannst. Oder hole den Chef. Freundlich. Kundenorientiert.

Hose/Hemd offen: Dumm gelaufen. Wenn Dich der Kunde darauf hinweist, entschuldige Dich ehrlich. Wenn Du es erst später merkst, hast Du Deinen Enkeln was zu erzählen…und Dein Kunde auch.

Chef nimmt plötzlich teil: Versuche absolut ruhig zu bleiben. Redet er Dir rein, bleibe cool. Meckere ihn bloß nicht an, auch wenn es Dich nervt. Ihr seid ein Team. Nur das interessiert den Kunden.

 

Kritik:

Dein Chef kritisiert Deine Arbeitsqualität/-quantität: Durchatmen. Und souverän annehmen. Auch für Kritik bedanken. Danach überlegen, was Du besser machen kannst.

Deine Kollegen kritisieren Deine passive Mitarbeit: Frag sachlich nach, woran sie das festmachen. Und denk darüber nach. Gib ihnen ganz ruhig Rückmeldung, wie Du das siehst.

Deine Präsentation kommt inhaltlich nicht gut an: Frag nach, was den Zuschauern fehlt. Das kann man am besten in der Pause danach machen. Oder auf einer Tagung beim Abendprogramm.

Du bist mit Deiner Leistung/Deinem Auftreten unzufrieden: Was hat Dir gefehlt?An welcher Stelle war es für Dich unzureichend. Ist es wirklich Deine eigene Meinung oder die eines anderen, z.B. Deiner Eltern?

 

Brüller, Choleriker, Grapscher…

Dein Chef hört sich gerne brüllen: Bleib ruhig und souverän. Nutze aber eine ruhige Minute, um ihn darauf anzusprechen. Schildere die (demotivierende) Wirkung auf Dich. Bitte um eine ruhigere Zusammenarbeit.

Dein Kunde reagiert unkontrolliert cholerisch: Lass ihn einen Moment schreien. Reagiere dann souverän. Und sprich leise. Irgendwann wird er sich runterfahren, da er Dich sonst nicht versteht.

Dein Kollege, Kunde, Chef ist ein Grapscher: Du Denkst, da kann ich doch nichts sagen? Von wegen. Weise ihn souverän, ruhig, klar in seine Schranken. Stell Dich ihm frontal gegenüber. Sieh ihn dabei direkt an. Manche Menschen brauchen das auch zwei Mal.

 

Fazit:

Jede Angst bietet auch Chancen.

Du erkennst Deine Schwachstellen oder Deine Glaubenssätze.

Und Du kannst Deine Ängste aktiv angehen. Was gibt es Besseres?

Ein paar Ecken und Kanten machen Dich zudem menschlich und sympathisch.

Mach also einfach Dein Angst zu einer echten Chance!

 

Portrait2Die Liste ist natürlich noch endlos zu erweitern. Welche Angstsituationen kennst Du und wie meisterst Du sie? Erzähl mir davon. Ich freue mich darauf.

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