Klartext (3) – ich gebe ja zu… Wie Du mit Kritik umgehst

Kritische Zeiten

 

Kennst Du diese Situation?

Dein Vorgesetzter spricht Dich auf einen Fehler oder auf eine Deiner Schwächen an.

Dir schlägt das Herz bis zum Hals.

Es zieht Dir den Boden unter den Füßen weg.

Du würdest am liebsten zur Tür laufen und einfach nur raus rennen. Egal wohin.

Fieberhaft überlegst Du, was Du jetzt sagen sollst.

Und entscheidest Dich für das Falsche, so wie Jutta:

Jutta hat ihr jährliches Personalgespräch. Ihre Vorgesetzte, Abteilungsleiterin der IT, ist wirklich eine nette Frau. Daher sieht Jutta den Termin eher locker und ist gar nicht aufgeregt.14:00 Uhr. Sie ist pünktlich im Besprechungsraum.Ihre Chefin kommt schwungvoll 2 Minuten später dazu.Ein knapp 50-jähriges Powerpaket.

Es macht Spaß, mit ihr zu arbeiten. Sie spart nicht mit Lob, gibt moderat Kritik und steht hinter ihren Mitarbeitern. Auch das Gehalt stimmte.

Heute ging es um die Leistung des letzten Jahres.

„Ich habe gehört, dass sie des Öfteren Probleme mit den Kunden haben. Ist das richtig?“

Die Frage kam aus heiterem Himmel. Ohne Vorwarnung.

Jutta gefror das Lächeln auf den Lippen. „Nein, eigentlich nicht“.

Die Chefin hakte nach: „Da gibt es aber andere Stimmen. Die Kundin, die ihren Vertrag reklamiert hatte, fühlte sich angegriffen von Ihnen. Und der ältere Herr, der gestern beraten werden wollte, beschwerte sich über Ihre Unfreundlichkeit.“

Jutta pochte das Herz. Die Kinnlade fiel ihr runter.

Was ging denn jetzt ab? Kritik? Wo führt das hin?

Jutta wusste nicht, wie sie reagieren sollte. Sie fühlte sich total überrumpelt. Und hintergangen.

Was tun?

Ja, hin und wieder hatte sie Probleme mit Kunden, weil sie oft zu wenig Geduld hatte. Aber das war doch nichts. Und sollte sie das jetzt zugeben? Sie holte tief Luft.

„Ich gebe ja zu“, begann sie, „dass ich nicht immer Geduld habe. Der Herr gestern wollte unbedingt komplett beraten werden. Aber wo? Wir haben doch keine Filiale hier.“

Die Chefin fragte ganz ruhig: „Und was war mit der Kundin?“

„Naja, die schrie nur rum.“ Jutta merkte, wie sie sich immer mehr reinredete.

Die Vorgesetzte schrieb ungerührt etwas auf. Jutta spürte die eisige Atmosphäre, die plötzlich zwischen ihnen herrschte.

„Da sollten sie mal etwas an sich arbeiten“ sagte die Chefin und machte Anstalten, das Gespräch zu beenden.

Nach 2 zusammengestolperten Sätzen entließ sie Jutta mit einem fröhlichen, völlig ungerührten „tschüss dann“.

Puuh, noch mal gut gegangen. Das hörte sich ja halb so wild an, oder?

Der Schreck saß tief. Ihr zitterten noch die Knie.

4 Wochen später ging es um die anstehenden Gehaltserhöhungen. Alle freuten sich auf die Anerkennung und das Mehr auf dem Konto.

Die Abteilungsleiterin rief jeden Mitarbeiter, der eine Aufstockung seines Gehaltes bekam, zu sich.

Es waren viele Kollegen in diesem Jahr.

Jutta war nicht dabei.

Nach langem Zögern ging sie zur Abteilungsleiterin und fragte, ob sie morgen vorbeikommen solle.

Die schaute erstaunt von ihren Unterlagen hoch und sagte: „Aber das haben wir doch besprochen. Für die Unfreundlichkeit gegenüber Kunden kann ich Sie wohl kaum belohnen.“

Jutta versuchte noch, ihre Stärken hervorzuheben.

Aber die Chefin meinte nur: „Sie haben es doch selbst zugegeben.“

Aha. Das war es also.

Jutta fragte sich, wie sie hätte auf die Kritik reagieren sollen.

Hätte sie lügen sollen, um besser da zustehen?

 

Wie solltest Du bei Kritik reagieren?

Bei dieser Frage hast Du ehrlich gesagt die Wahl zwischen Pest und Cholera.

Es gibt verschiedene Möglichkeiten. Jede hat ihre Vor- und Nachteile.

Keine beinhaltet allerdings den Satz: „ich gebe es ja zu“.

Den solltest Du wirklich meiden.

 

1. Ehrlich sein

Oft glaubt man, dass man zu viel zerstört, wenn man seine Fehler ehrlich zugibt. Das ist aber Unsinn. Du machst auf lange Sicht garantiert nichts dadurch kaputt, dass Du ehrlich bist.

Im Gegenteil: Du zeigst Wertschätzung und Loyalität gegenüber Deinem Chef und Deinem Unternehmen. Am besten begründest Du den Sachverhalt aber – möglichst logisch und diplomatisch.

Verwende eben nicht die Formulierung „Ich gebe es zu“, da Du so in die Rolle des Ertappten kommst, der in jedem Fall schuldig ist.

Dennoch: Fehler zuzugeben bringt den Gesprächspartner in die Position des Überlegenen. Und es bleibt stets ein bitterer Beigeschmack. Der Mangel, also das, was Du nicht gut gemacht hast, bleib bei Deinem Vorgesetzten haften. Auch wenn es etwas relativiert wird dadurch, dass Du Deinen Fehler eingestanden hast.

Was bleibt: Diese Variante ist aus meiner Sicht immer noch die beste Basis für ein weiteres gutes Arbeitsverhältnis.

 

2. Eine Notlüge nutzen

Lügen haben sprichwörtlich kurze Beine. Selbst, wenn Du jetzt durchkommst mit Deiner Lügenkonstruktion, wird es Dich irgendwann einholen.

Eine gute Notlüge muss zudem
– inhaltlich und fachlich einwandfrei konstruiert sein
– zeitlich störungsfrei ablaufen
– flüssig vorgetragen sein
– durch Gestik und Mimik glaubhaft belegt werden.

Und auch künftig in jeder Situation durchgehalten werden. Es wird sich auch nicht vermeiden lassen, dass weitere Lügen daraus entstehen.

 

3. Auf zum Angriff

Wie heißt es so schön, Angriff ist die beste Verteidigung. Ob das allerdings in Deinem Job auch so clever ist, wage ich zu bezweifeln.

Wenn Du jetzt die Nerven verlierst und Deine Vorgesetzten massiv angehst, dürfte das Vertrauensverhältnis wirklich gestört sein.

Das macht keinen Sinn.

Ich kann Dir nur empfehlen, bleib in solchen Situationen ruhig. Hör Dir aufmerksam an, was Dein Vorgesetzter Dir „vorzuwerfen“ hat.

Und überlege hinterher im Stillen, worum es eigentlich geht und wie Du jetzt weiter verfahren willst.

Wie wäre es mit einem Termin beim Betriebsrat? So wärst Du nicht nur gut beraten, sondern könntest künftig ein eingeweihtes Betriebsratsmitglied bei solchen Gesprächen hinzuziehen.

Damit machst Du Dich mit Sicherheit nicht beliebt bei Vorgesetzten, zeigst aber gleichzeitig, dass Du nicht komplett hilflos bist.

 

4. Sich verkriechen oder direkt kündigen

Ganz schlechte Idee!

Es macht weder Sinn, sich jetzt zu verkriechen und womöglich die Arbeit schleifen zu lassen, noch macht es Sinn, zu kündigen.

Diese Variante also bitte gleich löschen.

 

5. Die Kritik zerreden

Eine ganz verständliche Variante. Schließlich ist es unangenehm, kritisiert zu werden. Und da verfällt man doch schnell in Rechtfertigungen, Ausflüchte und einfach in …Gerede.

Es kommt garantiert nicht gut an, wenn Du damit signalisierst, dass Du die Anmerkungen Deines Vorgesetzten nicht ernst nimmst oder ganz anders siehst.

Oberste Feedback-Regel: Anhören, sacken lassen, angemessen reagieren.

Nicht kontern, nicht rechtfertigen.

Zerreden schafft kein Vertrauen. Du zeigst damit nur, dass Du kein bisschen selbstkritisch distanziert zu Dir bist.

 

Portrait2Hat Dir auch schon mal Kritik den Boden unter den Füßen weggezogen?

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