Lissabon – Auszeit zwischen Tradition und Moderne

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Du hast Deinen Job satt, brauchst dringend einen Tapetenwechsel und hast keine Ideen wohin? Hier bekommst Du Tipps, wohin es sich für ein Wochenende oder länger lohnt zu reisen.

Pack ein paar Sachen und los geht´s nach Lissabon: auftanken und mal wieder richtig Spaß haben.

 

  Lisboa Airport – Gibt es in Lissabon kein Taxi?

Es herrscht reger Betrieb in der Ankunfthalle, na ja, eher gesagt ein wildes Durcheinander. Mit Schildern gehen sie hier am Lissaboner Flughafen eher sparsam um. Ah, da ist ja ein Infostand. Und dahinter – hey, das sieht doch nach Taxi aus. Und auch noch streng organisiert. Eine abgesperrte Warteschlange, in der es kein Gedrängel geben kann und ein Flughafenmitarbeiter, der jedem Gast ein Taxi zuweist. Ich entspanne mich langsam.

Im Reiseführer stand, man soll den Preis erfragen – vorher. Oder noch besser eine Art Gutschein im Flughafen kaufen, so dass man im Taxi nicht preislich übervorteilt werden kann. Erscheint mir doch etwas übertrieben. Vorher erfragen ist auch kaum möglich, wenn hinter einem schon eine ganze Schlange auf das nächste Taxi wartet. Na, wird schon werden.

Der Taxifahrer fragt fröhlich – halb englisch, halb irgendwie -, ob ich portugiesisch spreche. Ich schüttle den Kopf und frage auf Englisch, ob er englisch spricht. Er lacht und schüttelt den Kopf, zeigt mit Zeigefinger und Daumen, dass er nur 3 Brocken kennt. Und deutsch? Er schüttelt so heftig den Kopf, dass er fast ins Schlingern kommt. Denn das Gaspedal tritt er gut durch.

 

  Für Hilfsbereitschaft gibt’s fünf Sterne

Gut, dass ich den Reiseführer bereit habe und zeigen kann, wohin ich möchte. Und die Adresse auf einem Notizzettel tut auch ihr Gutes. Schade, dass wir uns nicht verständigen können, aber das ist die erste Lektion in Lissabon. Trotz Weltstadt ist hier vieles sehr traditionell. Und sprachlich ist es nicht ganz einfach.

Aber die unglaubliche Hilfsbereitschaft macht das total wett. Sobald man auf eine Sehenswürdigkeit in einem Reiseführer zeigt, wird man dorthin gefahren oder in den passenden Zug geschoben. Später wird mir eine nette Mitarbeiterin im Bahnhof sogar eine Skizze mit Zug und Anschlussbus zeichnen. Das wäre hier bei den meisten Bahnmitarbeitern kaum denkbar. Echter Service eben.

Die Umgebung des Lissaboner Flughafens ist jetzt nicht gerade preisverdächtig. Eher Marke renovierungsbedürftige Plattenbauten. Die Innenstadt Lissabons liegt ein ganzes Stück weit weg vom Flughafen. Und der Fahrer drückt auf sein Gaspedal.

Fußgänger? Ola, da bremsen wir doch mal – nachdem wir nochmal kurz Gas gegeben haben. Ich mache die Augen zu und zähle bis drei. Jetzt kracht’s, jetzt, jetzt aber. Von wegen: Er fährt sehr sicher, hat einwandfreie Bremsen und das Auto ist super sauber, Nichtraucher versteht sich.

Übrigens habe ich diese guten Erfahrungen noch mehrmals in Lissabon gemacht.

Links kann ich jetzt Wasser sehen, rechts zeigt sich, wofür Lissabon bekannt ist: historische Stadtteile und vor allem die Altstadt. Wow! Jetzt weiß ich wieder, weshalb Vieles hier zum Weltkulturerbe zählt. Unzählige verschachtelte verzierte Häuser und Kirchen. Der Taxifahrer fährt in enge Gassen, noch engere Querstraßen und plötzlich endende Sackgassen. Nach 25 Minuten sind wir da. Seinem Navi sei Dank. Für einen Bruchteil von dem, was es in Deutschland kosten würde. 14.–€. Inkl. Trinkgeld und Flughafenaufschlag (normalerweise wären es ca. 9 €).

 

  In der Alfama – zwischen Tradition und Armut

Ich schaue mich um. Tiefste Altstadt. Enge Gassen. Alte, teilweise ziemlich mitgenommene Häuser, kleine Blumen hängen an den Balkonen. Ob ich hier zu Fuß je zurückfinde? Hoffentlich spielt mein Navi mit (das tut es nicht, aber dazu später).

Die Ansprechpartnerin des Anbieters für die Altstadt-Ferienwohnungen ist auch schon da. Und spricht wunderbar englisch. Ich habe mich zum ersten Mal für eine Ferienwohnung entschieden, weil ich zu dem Anbieter einen Tipp im Fernsehen gesehen hatte. Und es ist sicher bequem, wenn man eine komplette Küche hat, in der man sich auch mal ein leckeres Müsli oder zwischendurch ein Butterbrot zubereiten kann. Und es sollte sich wirklich noch lohnen.

Das Haus, in dem meine Ferienwohnung im Parterre ist, macht einen gepflegten Eindruck. Eine schöne alte dunkelgrün gestrichene zweiflügelige Holztür, ein Wohn-Essbereich mit nagelneuer Hochglanz-Küche, die besser ausgestattet ist als meine zu Haus. Daran angrenzend das Schlafzimmer.

Das Bad mit Waschbecken und WC ist ziemlich maßgeschneidert, naja es muss reichen. Die Dusche steht merkwürdigerweise im Schlafzimmer. Das hatte ich schon mal in Frankreich, eine Campingdusche, die fast auseinanderfiel…Diese hier ist stabil und neu.

Alles geschmackvoll eingerichtet – wirklich schön.

Kurz eingerichtet. Dann Tagesrucksack gepackt, Offroadschuhe angezogen und ab zur Tür raus. Warum Offroadschuhe in Lissabon? Die ganze Altstadt besteht aus Kopfsteinpflaster und aus anderen Städten Portugals weiß ich, dass es einfacherer und sicherer ist.

O.k., jetzt nach links oder rechts? Links geht es leicht den Hügel hoch. Überhaupt bin ich hier schon etwas weiter oben. Das gefällt mir gut. Also weiter hoch. Da ich die Hitze nicht so gut vertrage, hoffe ich, dass oben die Luft frischer ist.

Die Gassen sind von schönen, teilweise sehr gut erhaltenen oder renovierten portugiesischen Stadthäusern gesäumt. Die Altstadtstraßen bestehen tatsächlich fast nur aus Kopfsteinpflaster. Wie gedacht, zum Laufen nicht ideal. Vor allem, weil viel Glas in den breiten Fugen zwischen den Pflastersteinen liegt. Mit Flip-Flops garantiert nicht lustig.

 

  Von Azulejos und Pasteis de Nata

Stolz präsentieren viele Lissaboner in winzigen Läden Azulejos, die Fliesenkunst der Portugiesen. Wunderschöne handgearbeitete Keramikfliesen mit blauem Dekor in unterschiedlichen Tönen und Mustern. Traditionell überliefert und hergestellt. Damit sind Mauern, Brunnen, aber auch ganze Häuser verkleidet. Und zwar von außen. Einfach schön und edel.

Spannend sind auch die großen und kleinen Cafes, Bäckereien und hier-gibt-es-alles-Läden mit den herrlich fluffigen Pasteis de Nata, portugiesische Puddingtörtchen. Die sind so lecker, dass man nicht glauben möchte, dass dieses Rezept von 1837 aus der Belem-Kuchen-Bäckerei stammt. Diese Bäckerei gibt es als Cafe-Konditorei heute noch.

Und selbst wenn man die Adresse nicht kennt (Rua de Belém, 84-92), sieht man doch schon von weitem die lange Schlange der Käufer, die jeden Tag bis auf die Straße anstehen. Für leckere Pasteis de Nata (Puddingtörtchen), Bolo Rei (Königskuchen) oder das einfache, aber sehr leckere Teegebäck. Die Portugiesen haben eine wahre Leidenschaft für Backwaren und diese Leidenschaft färbt ab. Und es tut einfach gut, zu erleben, wie innig sie mit ihren Backwaren umgehen. Das ist ein bisschen wie der Umgang mit kleinen Kindern. Liebevoll und behutsam.

Schon in der ersten Stunde spüre ich: Lissabon ist eine Stadt der Gegensätze. Tradition und Geschichte in jedem Stein. Gleichzeitig eine ausgeprägte Shopping- und Musikkultur. Faszinierend und lebendig bis in die Zehenspitzen. Sehenswert ist hier irgendwie alles. Entweder schön alt oder schön neu.

 

Hier einige Tipps von gefühlten 1000 sehenswerten Dingen:

  Praça do Comércio, unterhalb der Altstadt am Meer gelegen

Wow! Da fehlen einem wirklich die Worte. Soviel Pracht, soviel Schönheit. Der Platz des Handels, auch Palastplatz genannt, ist wirklich ein Renner. An der Nordseite ein prachtvoller Triumphbogen, der in eine nicht weniger eindrucksvolle Einkaufsstraße führt. In der Mitte des Platzes unübersehbar ein Reiterdenkmal des Königs José I, König von Portugal. Drumherum schöne Arkaden mit Cafes und Restaurants.

 

  Elevadores – Die Laufalternativen

Lissabon verfügt über sieben Hügel. Die Steigung bzw. das Gefälle ist jeweils durchaus spürbar. Und wer sonst eher den Bürostuhl kennt, lernt jetzt mal wieder seine Beinmuskulatur kennen.

Du bist nicht gerade der begeisterte Wanderer? Dann helfen Dir die Elevadores, die Straßenbahnen in Lissabon bzw. der Elevador de Santa Justa, ein Aufzug mitten in der Stadt (zu sehen links auf dem Foto). Die historischen Standseilbahnen zu den steilen Altstadtstrecken hoch, sind es wert, ausprobiert zu werden. Oben angekommen, hat man von allen Strecken und Stationen aus eine klasse Aussicht. Der Hit ist dabei die Tram 28, ein echtes Erlebnis. Uralt und innen komplett mit Holz verkleidet. Das ist ein bisschen wie in einer Folge von Miss Marple.

Ein Muss in Lissabon ist der Aufzug Elevador de Santa Justa (siehe Foto links), der direkt seitlich der Rua Augusta zum Einstieg einlädt. Ein interessantes Konstrukt aus Stahl, das mit zwei Holzkabinen je 24 Personen befördert. Er verbindet die Unterstadt (Baixa) mit der Oberstadt (Bairro Alto).

Irgendwie erinnert er mich an den Eiffelturm in Paris. Tja, ist auch kein Wunder, wie ich beim nachlesen lerne. Der Aufzug ist von einem Schüler Gustav Eiffels erbaut worden. Unverkennbar.

 

  Castelo de São Jorge – Burg des heiligen Georgs

Diese Burg, ursprünglich von Römern und Goten besetzt, ist von weit her sichtbar und bei Touristen sehr beliebt. Oberhalb der Alfama (ältester Stadtteil Lissabons) gelegen, hast Du hier einen sensationellen Ausblick auf die Stadt. Aber erst, wenn DuLissabon Burg_Polaroid oben bist… Denn es sind schon ein paar Prozent Steigung. Aber der Aufstieg ist dennoch herrlich. Aussichten wie im Film, prächtige Kirchen, historische Häuser mit den obligatorischen Vogelkäfigen am Fenster, damit die Piepmätze ein bisschen Leben genießen können (wenn auch nur hinter Gittern). Und wer so gar nicht laufen mag oder kann, für den gibt es Pferdekutschen und motorgetriebene Dreiräder mit Chauffeur.

Früh morgens lohnt es sich am ehesten oder spät nachmittags vor der Schließung. 11 Türme, eine Ausstellung, ein integriertes Museum, ein sehenswerter Touristenladen sind innerhalb der Burg erkundenswert. Aber auch die kleinen Geschäfte drumherum oder der Fotografieverkäufer unterhalb der Burg sind einen Besuch wert.

  Padrão dos Descobrimentos – das Denkmal der Entdeckungen

52 Meter hoch, Beton pur, 30 portugiesische Persönlichkeiten in Reihe modelliert, allen voran Heinrich der Seefahrer, die Form einer Karavelle, innen ein Museum mit einem sensationellen Mosaik. Wenn das nicht monumental ist, weiß ich auch nicht. Wie so viel Beton so schön sein kann… Finden auch Millionen von Touristen – jährlich.

 

  Oceanário de Lisboa und  Parque das Nações‘ (Park der Nationen)

Irgendwann hatte ich alles in der Altstadt und Ober-/Unterstadt gesehen. Da kam mir der Tipp eines Nachbarn in der Maschine nach Lissabon gerade recht. Das ehemalige Expo-Gelände sei klasse. Hier steht das zweitgrößte Ozeanarium der Welt und das größte Europas. 16.000 Tiere in sehr interessant gestalteten Aquarien sind eine echte Überraschung. Ich wollte gar nicht mehr rausgehen. Mit vielen Sitzmöglichkeiten schafft man es, sich wirklich intensiv mit den herrlich bunten Farben, Formen und Verhaltensweisen zu beschäftigen. Ein absolutes MUSS!

Der Park der Nationen ist nicht weniger spannend. Und herrlich angelegt, Eine Gondelbahn bietet sensationelle Ausblicke über Meer und Stadt (siehe Foto unten). Weitere kleine Museen, die zum ausprobieren und mitmachen anregen, lassen keine Langeweile aufkommen.

Alles ist durch und durch frisch und modern.

Expo

  Vasco da Gama – Brücke – Längste Brücke Europas

Direkt neben dem Park der Nationen sieht man eine nagelneue Brücke. Die Vasco da Gama – Brücke, benannt nach ihrem großen Entdecker. Sie ist die längste Brücke Europas. 17,185 km. Unglaublich.

Absolut fotogen, bei jedem Wetter, siehe Foto oben. Wunderschön.

Für Brückenfans ein MUSS!

 

  Torre de Belém – ein Traum von Turm

Noch ein Superlativ.

35 Meter hoch zur Verteidigung und zur Begrüßung der ankommenden Schiffe im spätgotischen (manuelischen) Stil gebaut, ist der Torre de Belém garantiert einer der schönsten Hafentürme der Welt. Im Lauf der Jahre als Zollstation, Leuchtturm oder Gefängnis genutzt, sieht der Turm heute noch aus, als käme Vasco da Gama direkt hinter ihm hereingefahren.

Er ist nicht umsonst von der UNESCO zum Weltkulturerbe ernannt worden. Noch ein MUSS!

 

   Jardim Botanico da Universidade de Lisboa Lissabons Botanischer Garten

 

Lissabon botanischer GartenEine absolute Oase in der Großstadt. In der Nähe des Bairro Alto gelegen, kommt man plötzlich in eine grüne Welt mit Pflanzen, bevorzugt aus Neuseeland, Australien, China, Südamerika, die das milde Klima hier sichtlich genießen. Vielleicht ist es gerade der manchmal etwas vergessen wirkende Charme dieses Gartens, der den besonderen Reiz ausmacht. Du solltest ihn gerade an einem heißen Tag unbedingt nutzen.

An Wochenenden finden häufig auch Flohmärkte, kleine Konzerte oder Märkte mit Leckereien aus der Region statt.

Der Eintritt ist, wie eigentlich überall in Lissabon, gut verkraftbar und liegt bei ca. 2.– EUR.

Und falls Du danach noch gut zu Fuß bist, bietet sich das dahinter liegende Museum für Naturkunde und Wissenschaft an.

 

   Nachtleben in Lissabon

Lissabon gilt als eine der schönsten und lebenswertesten Städte der Welt.

Aber wenn Du glaubst, dass Du tagsüber schon viel an Sehenswürdigkeiten, Sport und Atmosphäre erlebt hast, dann komm erst mal ins Nachtleben. Das Lissaboner Nachtleben ist wirklich besonders.

In Gassen und Sträßchen, in denen tagsüber nichts als Hitze und Touristen zu finden sind, gehen plötzlich vorher kaum wahrgenommene Türen auf. Überall werden Tische und Stühle aufgestellt und liebevoll eingedeckt. Der warme Schein von Kerzen wird von uralten Mauern reflektiert und Grilldüfte wabern übers Kopfsteinpflaster. Jetzt kannst Du wirklich überall ein Glas Wein genießen, gut essen (wirklich sehr gut essen!), nette Leute kennenlernen, lachen, leben, genießen.

In den großen breiten Einkaufsstraßen und auf den monumentalen Plätzen ertönt plötzlich laute Musik. Techno, Pop, Schlager. Ein Moderator feuert die Gäste an. Und da, wo tagsüber schon einiges los ist, sammeln sich jetzt Menschenmassen, von denen ich keine Ahnung habe, woher sie so plötzlich kommen. Im Nu sind Tausende von Feiernden versammelt. Und singen in einem gigantischen Chor mit, was der „Antreiber“ vorne vorgibt und dirigiert. Das alles ist ganz offenbar ein eingespieltes Team. Und die Touristen gesellen sich gerne dazu. Es ist eine Wahnsinnsstimmung. Nichts aggressiv, alles passt irgendwie zusammen, die Umgebung, die Leute, das Programm der Stadt Lissabon, die Liebe, zu dem was man tut.

 

Fazit:

Lissabon ist wahrlich eine lebenswerte und immer wieder sehr gegensätzliche Stadt.

Tradition und Religion treffen auf Zeitgeist und Konsumlust. Auch der Gegensatz zwischen häufig offensichtlicher Armut und Reichtum ist nicht zu übersehen.

Lissabon ist eine Reise wert, ob Du Badeurlaub machen willst, ob Du Sightseeing oder einen Partytrip suchst. Mach Deine Erfahrungen, lass Dich einfach treiben und verlass Dich nicht auf Dein Navi. Meines brachte gleich die Meldung: Achtung! Es sind nicht alle Straßen und Wege in diesem Bereich erfasst. Und Reiseführer, die ehrlich sind, schreiben oder sagen das auch.

Die vielen Gassen und Gässchen, Treppen und Treppchen, Verbindungen zwischen 2 Gassen und Sackgassen, kann wohl niemand wirklich realistisch darstellen. Zieh Dir einfach feste Schuhe an, nimm Dir was zu trinken mit, und mach das, was wir heute viel zu selten machen: Einfach mal ohne Plan loslaufen. Lass Dich treiben. Tut echt gut!

 

 

Portrait2Hast Du Lissabon schon erlebt? Welche Geheimtipps kennst Du?

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